Zum Ende des Zweiten Weltkriegs hin ist Italien zunehmend ein zerstörtes und gespaltenes Land. 1940 an der Seite des nationalsozialistischen Deutschlands in den Krieg eingetreten, stürzen die Italiener:innen knapp drei Jahre später ihren „Duce“ Benito Mussolini und wechseln die Seiten. Viele unterstützen nun die alliierten Truppen beim Kampf gegen die Wehrmacht, die das Land nach dem Sturz des faschistischen Regimes besetzt. In der Folge verlieren die deutschen Truppen zunehmend an Boden und müssen sich schließlich aus Italien zurückziehen.
Als dann der Zweite Weltkrieg in Europa mit der Kapitulation NS-Deutschlands im Mai 1945 nach über fünf Jahren endet, stehen die Italiener:innen vor einer großen Entscheidung: Die Alliierten teilen ihr Land zwar nicht in verschiedene Besatzungszonen auf wie sie es etwa in Deutschland tun –aber kann es einfach so weitergehen wie bisher? Soll Italien eine Monarchie bleiben, trotz der damit eng verbundenen faschistischen Vergangenheit, oder doch eine Republik werden?
Konkurrierende Traditionslinien
Italien verfügt zwar seit der Antike über eine lange Tradition verschiedener Formen und Ausprägungen republikanischer Staatsformen. Ab 1861, als auf der Apenninenhalbinsel erstmals ein Nationalstaat entsteht, ist das Land aber eine Monarchie, regiert vom Haus Savoyen. Seit 1922 herrschen dann die Faschisten unter Benito Mussolini über Italien – der Widerstand der Krone hält sich sehr in Grenzen. Sie führen Italien schließlich an der Seite des von Adolf Hitler regierten Deutschlands in den Zweiten Weltkrieg.
Die Monarchie verliert aufgrund ihrer Nähe zum faschistischen Regime allerdings zunehmend an Legitimität, sodass sich bereits vor und während des Befreiungsfeldzugs der Alliierten durch Italien verschiedene linke Gruppierungen mit antimonarchischen Einstellungen bilden. Sie sind maßgeblich daran beteiligt, als kommunistische Widerstandskämpfer:innen das faschistische Regime bzw. den von NS-Deutschland kontrollierten Marionettenstaat in Norditalien, der davon ab September 1943 noch übrig ist, zu Fall zu bringen.
Erstmals stimmen alle ab
Als dieser Kampf dann gewonnen und der Weltkrieg zu Ende ist, haben die Italiener:innen am 2. Juni 1946 in einem Referendum über die künftige Staatsform die Wahl zwischen Bekanntem und Neuem, zwischen Monarchie und Republik. Gleichzeitig findet die Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung statt.
An diesen ersten freien Wahlen nach über 20 Jahren faschistischer Diktatur dürfen auch erstmals Frauen teilnehmen. Die Provinz Bozen (Südtirol) sowie das Freie Territorium Triest sind die einzigen italienischen Regionen, die nicht abstimmen. Ihr zukünftiger Status ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht geklärt.
Das Königshaus versucht natürlich, seinen Status zu bewahren und einen Wechsel der Staatsform zu verhindern. So dankt König Viktor Emanuel III. bereits im Mai 1946 aufgrund seiner Nähe zu den Faschisten ab und überlässt den Thron seinem Sohn Umberto II. Dieser ist allerdings in der italienischen Öffentlichkeit nicht sehr beliebt und gilt als ein etwas zu hedonistischer Lebemann.
Grundlage für eine konservative Republik?
Am Ende ist das Ergebnis des Referendums denkbar knapp. So stimmen 54,27 Prozent (12,7 Mio.) der Italiener:innen für die Republik, 45,73 Prozent (10,8 Mio.) für den Erhalt der Monarchie. Die Wahlbeteiligung liegt bei fast 90 Prozent – aus heutiger Sicht beinahe undenkbar. Die Referendumsergebnisse sind dabei regional sehr unterschiedlich. Gerade im Süden bevorzugt die Mehrheit weiterhin die Monarchie, während der stärker industrialisierte Norden eindeutig die Republik favorisiert.
Die verfassungsgebende Versammlung, die die Italiener:innen gleichzeitig gewählt haben, hebt Ende 1947 schließlich die Verfassung der Italienischen Republik aus der Taufe. Trotz der progressiven Entscheidung für die Republik, wird hier die wiederum die christlich-konservative Seite der italienischen Gesellschaft deutlich. Denn aus dieser Wahl gehen die Christdemokraten als Sieger hervor, gefolgt von den Sozialisten und knapp dahinter den Kommunisten.
Ein königlicher Abgang
Nach der Ergebnisverkündung des Staatsformreferendums feiern die Anhänger:innen der Republik in den Straßen, vonseiten der Monarchist:innen kommt es hingegen, z.B. in Neapel, zu Ausschreitungen und Angriffen auf das Büro der Kommunistischen Partei.
Ausgerufen wird die Republik formell dann bereits am 6. Juni. Umberto II. weigert sich zunächst, das Wahlergebnis anzuerkennen, und spricht von einer gefälschten Wahl. Als sich daraufhin einige seiner Unterstützer:innen dafür aussprechen, die Monarchie mit Gewalt durchzusetzen und eine Gegenregierung zu bilden, lehnt er dies aber ab. Er geht ins Exil nach Portugal – das Wahlergebnis erkennt er bis zum Ende seines Lebens nicht an.
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