Als Schriftstellerin für Frauenrechte
Es fällt auf, dass eine Vielzahl derjenigen, die sich im 19. Jahrhundert für Frauenrechte einsetzen, Schriftstellerinnen und Dichterinnen waren. Da ihnen als Frauen der öffentliche Raum der Politik weitgehend verwehrt war, brachten sie sich sich über das Medium des Schreibens in die Gesellschaft ein. Ob Zeitschriften und Zeitungen, Romane und Novellen, politische Abhandlungen oder Poesie – auf ganz verschiedene Weisen gelang es ihnen, die Stimme zu erheben für Demokratie und Gleichberechtigung.
Eine der ersten und berühmtesten Vertreterinnen dieser Frauenbewegung war Louise Otto-Peters. Am 26. März 1819 in eine gutbürgerliche liberale Familie hineingeboren, hatte sie privilegierte Startvoraussetzungen. Sie genoss eine umfangreiche Bildung durch Privatunterricht und wurde durch ihre Familie vielfältig gefördert. Dennoch musste sie früh die Grenzen für den Bildungsweg einer Frau erleben. Denn Abitur und Studium waren Frauen noch grundsätzlich verwehrt.
Otto-Peters‘ Engagement für Demokratie und Frauenrechte
Schon im Vorfeld der Revolution von 1848/49 begann sich Otto-Peters zu politisieren und sich in der demokratischen Bewegung in Deutschland zu vernetzen. Nachdem sie schon einige sozialkritische Romane und Gedichte veröffentlicht hatte, gründete sie 1849 die „Frauen-Zeitung“. Diese wurde zu einem Schlüsselorgan der Frauenbewegung. Enttäuscht vom Verlauf der Revolution, brachte die überzeugte Demokratin Otto-Peters hier ihre Kritik am Ausschluss der Frauen durch die Revolutionäre zum Ausdruck. Demokratie sei ohne Gleichberechtigung der Frau nicht zu haben – das war schon früh eine zentrale Einsicht der engagierten Frauenrechtlerin.
Später war Otto-Peters maßgeblich an der Gründung des
„Leipziger Frauenbildungsvereins“ sowie wenig später des „Allgemeinen Deutschen Frauenvereins“ beteiligt. Hiermit war sie Anstoßgeberin dieser zentralen Keimzelle der deutschen Frauenbewegung. Sie widmete dieser bis zu ihrem Tod im Jahre 1895 ihr ganzes Engagement.
Die Sprache als Waffe
Die literarische Sprache war für Louise Otto-Peters ein ungemein ermächtigendes Medium. Bereits 1840 erscheint ihr Gedicht „Die Klöpplerinnen“. In diesem thematisiert sie das Leid der Stoffarbeiterinnen im Erzgebirge. Die zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit anprangernd schreibt sie dort:
Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen,
Seht Ihr die Spitzen, die sie gewebt:
Ihr Reichen, Großen – hat das Gewissen
Euch nie in der innersten Seele gebebt?
Bemerkenswert ist hier, dass Otto-Peters in ihrer Lyrik die soziale Unterdrückung von Arbeitern und die Unterdrückung von Frauen nicht als zwei getrennte Probleme betrachtet. Gerade in ihrem Zusammenwirken stellen sie einen besonders krassen Missstand dar. Die Klöpplerinnen hat es doppelt hart erwischt. In der heutigen Diskussion kennt man solche Gedanken unter dem Stichwort der „Intersektionalität“.
Otto-Peters‘ Vision
Nicht nur zur Kritik an Missständen, auch zur Formulierung einer positiven Vision für die Zukunft der Menschheit nutzt Otto-Peters ihre lyrische Gabe. Im Epilog zu ihrem ersten Gedichtband schreibt Otto-Peters 1847:
(…)
Ein heilig Erbtheil von Natur empfangen
Sei jeglichem die eigne Nation:
Wohl mögen herrlich ihre Säulen prangen!
Doch hat die Menschheit einen höhern Thron
Vor diesen Thron solln sich die Völker neigen
Als Brüder, Schwestern sich die Hände reichen.
(…)
Ich weiß‘ nicht werd ich diesen Tag erleben,
Wo zu der Liebe kehrt sich jeder Sinn,
Wo sich ihr Reich alleinig wird erheben,
Doch fühl ich mich als dessen Bürgerin.
(…)
Besonderes Augenmerk ist hier auf die Formulierungen wie „Brüder, Schwestern“ oder „Bürgerin“ zu legen. Dieser Miteinschluss der Frauen war zur damaligen Zeit ein mutiges Bekenntnis. Darüber hinaus preist Otto-Peters hier in leidenschaftlichem Ton die hohen demokratischen Ideale der Menschlichkeit. Den „höhern Thron“ der Menschheit stellt sie über alle nationalen Rechte. Man erkennt: Sie war von einer demokratischen Leidenschaft getragen. Und diese wies für sie in die gleiche Richtung wie ihr Einsatz für Gleichberechtigung, war quasi mit ihr deckungsgleich.
Durch die emotionale Kraft ihrer Sprache zeigt Otto-Peters die tiefere Dimension von politischen Kämpfen auf – auch noch für uns Heutige. Ob es der Kampf für Frauenrechte ist, für soziale Gerechtigkeit oder Demokratie – an einem gewissen Punkt berühren sich diese Bemühungen in einem gemeinsamen Geist. Neben vielen anderen Punkten macht das Louise Otto-Peters zu einer hochaktuellen, lesenswerten Autorin.
1 Kommentar
Gerlinde Kämmerer
27. März 2019 - 10:14Herzlichen Dank für diesen würdigenden Blick auf Louise Otto-Peters, eine der bedeutendsten Feministinnen und Demokratinnen des 19. Jh., und für die Empfehlung ihrer Schriften, von denen z. B. „Das Recht der Frauen auf Erwerb“ (online verfügbar) noch immer aktuelle Gedanken und Forderungen enthält.