Demokratiegeschichten

Bauhaus – Ein Kind des demokratischen Aufbruchs

„Erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft“

Bauhaus-Manifest, Weimar, April 1919

So formulierte es Walter Gropius, der heute vor 100 Jahren in Weimar das Bauhaus mitbegründete. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wollte Gropius mit seiner Hochschule für Gestaltung die Impulse der Novemberrevolution in die Architektur übertragen. Die sich verändernde Welt sollte dadurch ein neues Aussehen bekommen. In seiner Geschichte war das Bauhaus deshalb eng mit den Entwicklungen der Weimarer Republik verbunden.

Der Traum von einer gleichwertigen Gesellschaft

Als sich das Bauhaus 1919 gründete, war der Erste Weltkrieg in Europa gerade vorbei. Die Lehrer und viele der Schüler hatten den ersten industrialisierten Krieg erlebt. Ein Zivilisationsbruch besonderer Härte. Darum steckte neben der Idee zur Revolution in Architektur und Design auch ein politischer Leitgedanke im Bauhaus. Obgleich eher versteckt. Mit dem „Bau der Zukunft“ war die Zukunft an sich gemeint. Dinge sollten radikal neu gedacht werden. Auch in der Gesellschaft. Das freundschaftliche Miteinander auf Augenhöhe war Grundlage des Miteinanders von Lehrenden und Lernenden. Der Traum von einer gleichwertigen Gesellschaft wurde dementsprechend auf kleinem Raum gelebt.

Die Kraft des Bauhauses lag nicht in seinem Manifest von 1919. Die Kraft lag vielmehr in seiner pädagogischen und gestalterischen Praxis. Diese widmete sich Gestaltung auch als gesellschaftlicher Aufgabe.

Arbeit als demokratischer Prozess

Was das Bauhaus einforderte, war eine neue Form des Zusammenarbeitens. Insofern wurden nicht akademische Künstler ausgebildet, sondern Handwerker. Gemeinsam sollten alle Gewerke einen Bau gestalten.

Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau! Ihn zu schmücken war einst die vornehmste Aufgabe der bildnerischen Künste, sie waren unablösliche Bestandteile der großen Baukunst. Heute stehen sie in selbstgenügsamer Eigenheit, aus der sie erst wieder erlöst werden können durch bewusstes Mit- und Ineinanderwirken aller Werkleute untereinander.“

Bauhaus-Manifest, Weimar, April 1919

Arbeit wurde verstanden als demokratischer Prozess der Auseinandersetzung. Miteinander arbeiten bedeutete Kommunikation und  Streit um die besten Ideen. Vor allem das war die Stärke des Bauhauses: Widersprechende Konzepte und gegensätzliche Ideen in Verbindung und in einen produktiven Austausch zu bringen.

Gleichwertigkeit auch am Bau

Blick auf eine Siedlung mit maximal zwei Stockwerken und kastenförmigen Bauten mit Flachdach.
Dessau,Gropiussiedlung Törten. Foto: M_H.DE/ Wikipedia

Der Traum von einer gleichwertigen Gesellschaft bekam sein Antlitz auch im Bau. Dort wurden Fenster und Türen nicht mehr als Löcher empfunden. Sie galten nun als gleichwertige Flächen. Symmetrieachsen wurden vermieden. Angestrebt wurde eine Gleichwertigkeit von vorn und hinten, unten, rechts und links. Jedes Bauteil sollte gleichsam stützend und gestützt wirken. Diese architektonischen Bilder wurden mit gesellschaftlichen Perspektiven verknüpft. Der Traum von einer Gesellschaft gleichwertiger Beziehungen.

Bauhaus – Referenzmodell für eine neue Demokratie

In diesem Jahr schauen wir auf 100 Jahr Bauhaus zurück. Auch in den vergangenen 100 Jahren blickten Menschen aus verschiedenen Zeiten zurück. Mal war der Blick verklärend, mal demontierend. 2019 sehen wir die Anfänge des Bauhauses in Weimar u. a. als ein Stück Demokratiegeschichte.

„Denn es gibt nicht nur einen zeitlichen, sondern auch inneren Zusammenhang zwischen Bauhaus und dem Aufbruch in die demokratische Republik.“

Bundespräsident Frank-Walter Steimeier auf dem Eröffnungsfestival „100 Jahre Bauhaus“, 16.1.2019

Im Geist der Freiheit

Das Bauhaus brauchte, um zu wachsen, die Freiheit der Weimarer Republik. Ohne die geistige Offenheit und den demokratischen Geist der Weimarer Republik wäre dies nicht denkbar gewesen. Die Weimarer Republik unterstützte die modernen Gedanken. Und das Bauhaus schenkte der jungen Republik zugleich eine besondere Ausdrucksform.

Artikel Drucken
Markiert in:
Über uns 
arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. Der Begriff SEITEN:BLICK steht für die Blicke, die wir links, rechts und hinter "die Dinge" werfen wollen.

0 Kommentare

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert