Demokratiegeschichten

Handschlag im All

Was auf der Erde nicht klappt, gelingt möglicherweise im Weltall. Das zumindest schien man in den USA und der Sowjetunion Anfang der 1970er Jahre zu denken. Dort entwickelte man ein gemeinsames Projekt für internationale Rettungsmissionen im All, das Apollo-Sojus-Test-Projekt. In dessen Rahmen kam es heute vor 45 Jahren, am 17. 07.1975, zum ersten und einzigen Handschlag von sowjetischen und amerikanischen Astronauten im Weltraum.

Kontrahenten kooperieren

Zwar hatten Vereinbarungen in den vorherigen Jahren für mehr Entspannung zwischen den zwei Ländern gesorgt. Doch nach wie vor befanden sie sich im sogenannten „Kalten Krieg“. Dieser war u. a. durch das Austragen militärischer Konflikte in Drittstaaten und das Wettrüsten in beiden Blöcken geprägt.

Auch die Raumfahrt wurde zu einem Feld, auf dem beide Staaten konkurrierten. Um ein paar prominente Ereignisse zu nennen: Im „Wettlauf ins All“ schickte die Sowjetunion 1961 den ersten Menschen ins All, 1969 betraten Astronauten der amerikanischen Apollo 11 Mission als erste Menschen den Mond.

Logo der Mission; Bild: Nasa

Und nun, 6 Jahre später, ein Kooperationsprojekt?

Aus dem Nichts kam das Apollo-Sojus-Test-Projekt jedenfalls nicht. Um den Händedruck im All zu ermöglichen, waren tausende Wissenschaftler*innen in beiden Ländern am rechnen, testen, und vielem mehr. So musste etwa ein spezieller Kopplungsadapter entwickelt werden, damit die zwei Raumkapseln aneinander andocken konnten. Dieser diente außerdem als Luftschleuse. Denn die Appolo-Sonden liefen mit einer fast reinen Sauerstoffatmosphäre, während die Sojus-Kapseln mit einer Sauerstoff-Stickstoff-Mischung funktionierten. Erst nach dem Luftausgleich konnten die Astronauten in die andere Kapsel umsteigen.

Auch die sowjetischen Trainingseinrichtungen und Raumfahrzentren öffneten zum ersten Mal für die amerikanischen Forscher*innen. Zudem war der Start der sowjetischen Sojus-Rakete am 15.07.1975 die erste öffentliche Übertragung eines Raketenstarts durch die Sowjetunion.

17.07.1975: Handschlag live

Am 17. Juli 1975 verlief alles reibungslos. Zuerst koppelten die Raumschiffe aneinander an, dann erfolgte die Luftanpassung. Schließlich trafen sich die Raumfahrer beider Seiten zum Handschlag. Von amerikanischer Seite waren dies Thomas Stafford, Vance Brand und Deke Slayton, ihre sowjetischen Kollegen waren Alexej Leonow und Waleri Kubassow.

Die Crew des Apollo-Sojus-Test-Projekts. Von links nach rechts: From left to right: Deke Slayton, Thomas Stafford, Vance Brand, Alexey Leonov und Valeri Kubasov; Foto: NASA.

Der Handschlag sowie das anschließende Fähnchen-Tauschen, das russische Mittagessen und das amerikanische Abendessen wurden übrigens live auf die Erde übertragen. Menschen in Ost und West konnten zusehen, wie kommunistische und kapitalistische Astronauten gemeinsam Weltraumnahrung aus Tuben zu sich nahmen.

Neben gemeinsamen Mahlzeiten und Besuchen auf den jeweils anderen Stationen wurde auch gearbeitet. Fünf wissenschaftliche Experimente führten die zwei Crews gemeinsam durch. Dazu gehörte beispielsweise die Durchführung einer künstlichen Sonnenfinsternis, bei der sich die amerikanische Sonde vor die Sonne schob.

Heimkehr und PR-Erfolg

47 Stunden waren die Raumschiffe miteinander verbunden. Dann folgte die Entkopplung. Zuerst kehrte die sowjetische Crew zur Erde zurück, ein paar Tage später die amerikanische. Die gemeinsame Mission war erfolgreich beendet.

Doch auch ohne die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die während der Mission erarbeitet wurden, wäre diese ein Erfolg gewesen. Die friedliche Zusammenarbeit sendete ein starkes Signal und bildete einen Gegenpol zu dem zuvor erfolgten Wettrüsten und Wettkampf im All. Internationales Zusammenarbeiten, so das Fazit und die Botschaft der Mission, konnte gelingen. Wenn auch zunächst nur im Weltall.

Spätere Jahre

Das Apollo-Sojus-Test-Projekt blieb das einzige seiner Art. Erst 20 Jahre später kam es mit dem Mir-Space-Shuttle zu einem gemeinsamen Manöver. Da war die Sowjetunion bereits zusammengebrochen.

Und heute? Mit der ISS gibt es eine Raumstation, die ständig international besetzt ist. Was 1975 eine Sensation war, ist heute eine Selbstverständlichkeit geworden: Zusammenarbeit. Zumindest im Weltall.

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Über uns 
Annalena B. arbeitet bei Gegen Vergessen - Für Demokratie e.V. als Projektkoordinatorin im Bereich Demokratiegeschichte.

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