Ich las französische Revolutionsgeschichte und war wie von einer vulkanischen Glut getrieben, bald glühend, bald halb erstarrt. – Wie aber, wenn eine Zeit käme, wo jeder Mensch königlich dächte, wo die Gesamtbildung eine so allgewaltige wäre, daß der Mensch im Andern nur den Bruder sähe, wo nur Verdienste anerkannt würden, wo der Geist des Göttlichen sich in jeder Brust offenbart hatte; bedürfte es dann jener Könige noch?
Emma Siegmund: Tagebuch, 24./25. Oktober 1841. Zitiert nach: Michail Krausnick: Nicht Magd mit den Knechten.
Die Sätze aus dem Herbst 1841 zeigen, was für eine glühende Demokratin Emma Herwegh (geb. Siegmund) war. Sie stammte aus einem liberalen bürgerlichen Elternhaus, doch dessen Konventionen langweilten sie. Emma sprengte gesellschaftliche Konventionen: Sie ritt, turnte, schoss, rauchte Zigarren. Und forderte demokratische Verhältnisse.
Statt einer „guten Partie“ heiratete sie 1843 den mittellosen Dichter Georg Herwegh. Im Exil in der Schweiz: Denn auch Georg war überzeugter Demokrat und aufgrund seiner Schriften aus Deutschland ausgewiesen worden. Zusammen zogen sie nach Paris, Zufluchtsort für politisch Verfolgte aus ganz Europa.
Als die Revolution 1848 auch die deutschen Länder erreichte, führten Emma und Georg eine Legion nach Baden. Dort wollten sie den sogenannten Heckerzug unterstützen. Als sie dort eintrafen, waren Hecker und seine Freiwilligen bereits vom preußischen Militär geschlagen. Die Herweghs flohen wieder in die Schweiz.
Schwere Jahre lagen vor ihnen: Emmas und Georgs Berichte und Werke durften aufgrund der Zensur nicht veröffentlicht werden. Trotzdem hielten sie an ihren demokratischen Überzeugungen fest – Georg bis zu seinem Tod 1875, Emma bis zu ihrem 1904.
1 Kommentar
Klaus Karl Otto
12. Mai 2023 - 16:23Danke Frau Annalena B. für diesen bemerkenswerten Artikel. Es ist gut, dass auch an – für die meisten Menschen – unbekannte Held(inn)en erinnert wird.
Ein anonymer Leser Ihrer interessanten und lehrreichen Blogs.