Die deutsche Erinnerungskultur ist geprägt vom Gedenken an NS-Terrorherrschaft und SED-Unrecht. Die Notwendigkeit, an diese dunklen Phasen der deutschen Geschichte zu erinnern, ist nicht verhandelbar. Doch die Vergangenheit ist vielfältig: In der deutschen Geschichte finden sich auch zahlreiche Beispiele für demokratische, freiheitliche und parlamentarische Traditionen.
Diese gilt es in unsere Erinnerungskultur zu integrieren – nicht in Konkurrenz zum bisherigen Gedenken, sondern als eine Ergänzung. Die Ablehnung von Diktatur und Autoritarismus muss einhergehen mit der Befürwortung von Demokratie und Freiheit. Dieses Ziel verfolgen wir auch auf diesem Blog.
Die AG Orte der Demokratiegeschichte
Eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Demokratie durch die Beschäftigung mit der Vergangenheit nimmt die Arbeitsgemeinschaft Orte der Demokratiegeschichte ein. Sie setzt sich bereits seit 2017 für eine stärkere öffentliche Wahrnehmung der deutschen Demokratie- und Freiheitsgeschichte ein. Dies soll lokal, regional, auf Ebene der Länder, wie auch bundesweit, europäisch und international geschehen.
Wie vielfältig Demokratie und ihre Geschichte(n) sind, zeigt das breite Spektrum an Institutionen, die in der Arbeitsgemeinschaft vertreten sind. Museen und Gedenkstätten, Stiftungen und Vereine, Forschungseinrichtungen und Gemeinden haben sich hier zusammengefunden, um sich für die Erinnerung an Demokratiegeschichte, aber eben auch für die gegenwärtige Demokratie und ihr Gelingen einzusetzen. Der Blick zurück zeigt, dass unser Leben in einem demokratischen System nicht selbstverständlich ist und auch nicht bedingungslos funktioniert.
Die neuen Hefte zu den Orten der Demokratiegeschichte
Deshalb stellt Gegen Vergessen – Für Demokratie mit einer kürzliche erschienenen Broschüren-Reihe die Arbeit der Mitglieder der Orte der Demokratiegeschichte vor. Gezeigt werden soll, wie breit aufgestellt die Auseinandersetzung mit Demokratiegeschichte bereits jetzt ist. Und zugleich ist diese noch nicht vielfältig genug. Insgesamt werden in den drei Heften 51 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Orte der Demokratiegeschichte vorgestellt.
Demokratie erkämpfen, verteidigen, verlieren
Demokratie existiert nicht einfach von sich aus, sondern muss errungen und bewahrt werden. In der Vergangenheit setzten sich Demokrat:innen dabei gegen autoritäre oder diktatorische Kräfte zur Wehr, nicht selten unter Lebensgefahr. So beschäftigt sich Band 1 Demokratie erkämpfen, verteidigen, verlieren zum einen mit Akteur:innen in undemokratischen und autoritären Systemen, die für die Errichtung einer Demokratie gekämpft haben, zum anderen mit solchen in einem demokratischen Staat, die dessen Existenz verteidigten. Da Demokratiegeschichte keineswegs eine lineare Erfolgsgeschichte ist, gibt es in beiden Fällen auch Beispiele dafür, dass diese Bestrebungen bisweilen scheiterten.
Demokratie etablieren und leben
Auch nach der eigentlichen Schaffung eines demokratischen Systems ist dessen Formung noch nicht abgeschlossen. Tatsächlich befindet sich Demokratie stets in einem Prozess der Veränderungen und entwickelt sich weiter. In Band 2 Demokratie etablieren und leben finden sich deshalb diejenigen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Orte der Demokratiegeschichte wieder, die sich schwerpunktmäßig mit historischen Akteur:innen, Prozessen und Entwicklungen auseinandersetzen, die in einem bereits demokratischen System stattfanden und dieses gestaltet und weiterentwickelt haben. Mit Blick auf die deutsche Geschichte finden sich hier also vor allem Institutionen, die ihren Schwerpunkt auf die Geschichte der Weimarer Republik und der Bundesrepublik legen.
Demokratie erinnern, vermitteln, gestalten
Die Auseinandersetzung mit Demokratiegeschichte ist kein reiner Selbstzweck. Sie trägt immer auch dazu bei, unsere gegenwärtige demokratische Gesellschaft besser zu verstehen und sich als mündige Bürger:innen in ihr zurecht zu finden. Band 3 Demokratie erinnern, vermitteln, gestalten stellt daher diejenigen Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft vor, deren demokratiegeschichtliches Engagement vor allem auf die Gegenwart ausgerichtet ist. Auch andere Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft erinnern und vermitteln selbstverständlich Demokratiegeschichte. Die hier aufgeführten Einrichtungen tun dies jedoch in einem breiteren Kontext und sind weniger auf ein oder ein paar spezielle Themenfelder beschränkt.
Die Auseinandersetzung mit der Demokratiegeschichte gehört zur Demokratiebildung. Es geht darum, Demokratie in ihrer historischen Entwicklung und in ihren verschiedenen Facetten zu verstehen, sie einordnen zu können, zu erleben, eine Haltung zu gewinnen und danach zu handeln. Die Erinnerungsarbeit zu den vielfältigen demokratischen Traditionen ermöglicht jeder und jedem, unabhängig von der Herkunft, eine bessere Orientierung in unserer Gesellschaft. Die drei Broschüren möchten dazu einen kleinen Beitrag leisten.
Diese und andere Publikationen zur Demokratiegeschichte stehen auf der Website von Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. kostenlos zum Download zur Verfügung.
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