Gerade einmal vier Monate war es her, dass von Paris aus eine Revolution über Europa rollte. Und nun brach erneut ein Aufstand in der französischen Hauptstadt aus: Tausende Arbeiter:innen zogen vom 22. bis zum 26. Juni durch die Straßen.
Der Grund für diesen erneuten Aufstand war die Schließung der im Februar eröffneten Nationalwerkstätten. Viele Arbeitslose fanden dort Beschäftigung, zu den Arbeitsmaßnahmen gehörte eine Reihe von öffentlichen Arbeiten, beispielsweise der Baubeginn des Bahnhofs Montparnasse. Stetig schlossen sich mehr Arbeitssuchende den Werkstätten an, im Mai waren es etwa 115.000 Menschen.
Allerdings wurde weder besonders effektiv noch diszipliniert gearbeitet. Zudem standen bürgerliche Kreise den Nationalwerkstätten skeptisch gegenüber, sie fürchteten eine sozialistische Verbrüderung der Arbeiterschaft. Die konservative Mehrheit der verfassungsgebenden Versammlung beschloss daher die Schließung der Stätten. Die dort beschäftigten Männer sollten stattdessen in die Armee oder zu Kanalbauarbeiten auf dem Land eingezogen werden. Die Veröffentlichung dieses Dekrets am 21. Juni 1848 führte dann zum Juniaufstand.
Die französische Armee und die Nationalgarde gingen mit voller Härte gegen die Aufständischen vor. Etwa 1.500 Soldaten und 5.000 Arbeiter:innen verloren im Zuge des Aufstandes ihr Leben. Es kam zu über 25.000 Festnahmen.
Der Juniaufstand markierte den Beginn der Konterrevolution in Europa. Und an ihm wurde auch die Spaltung zwischen der revolutionären Arbeiterschaft und des konservativen Bürgertums deutlich.
2 Kommentare
Norbert Böhnke
30. Juni 2023 - 8:52Liebe Annalena B., vielen Dank für den Artikel. „Konterrevolution“ ist ein interessanter Begriff, stellt sich doch die Frage, wer die Revolution konterte. Spontan würde man ja an die Kräfte denken, die vor der Revolution an der Macht waren, also (für Frankreich) waren das Louis-Philippe und Guizots konservative Regierung (nach Sylvie Aprile: 1815-1870 La Révolution inachevée, 2010/20). Sind das wirklich die Kräfte, die ab Juni 1848 wieder an die Macht streben? Eine spannende Frage, über die wir auch im Stadtmuseum Halle in der aktuellen Jahresausstellung „Streit, Zoff & Beef“ (Eröffnung diesen Sonntag, 14 Uhr) gerne streiten können. Herzliche Einladung!
Annalena B.
30. Juni 2023 - 9:06Lieber Norbert Böhnke,
vielen Dank für den Kommentar und für die Einladung zur Ausstellung! Das Thema klingt wirklich spannend, falls Sie Interesse (und Zeit) haben sollten, mal über die Ausstellung zu berichten, sind Sie an dieser Stelle herzlich dazu eingeladen, dies auf unserem Blog zu tun.
Beste Größe und ich wünsche alles Gute für die Eröffnung!