Gerade einmal 26 Tage währte sie, die Bremer Räterepublik. Dann wird sie von Regierungs- und Freikorpstruppen niedergeschlagen. Von ihrer Ausrufung am 10. Januar 1919 berichteten wir bereits. Doch wie kam es zu ihrem jähen und blutigen Ende am 4. Februar?
Gegenputsch und fehlende Kredite
Zwar gelang den radikalen Anhänger*innen des Arbeiter- und Soldatenrates die Ausrufung der Räterepublik und die Absetzung von Senat und Bürgerschaft. Aber es fehlte ihnen an Rückhalt. Die Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere die bürgerlichen Kräfte, unterstützten gemäßigtere Positionen.
Deutlich wurde dies bei einem ersten Gegenputschversuch. Am 15. Januar besetzten Soldaten das Rathaus, die Börse und den Bahnhof von Bremen. Circa 100 Offiziere, die die Räterepublik ablehnten, beteiligten sich. Zwar scheiterte der Putsch innerhalb kürzester Zeit, weil er schlecht vorbereitet war. Allerdings kam es bei Gefechten zu mehreren Toten und die Banken – reichsweit – verwehrten der Räterepublik bis auf weiteres Kredite. Erst einmal, so erklärten sie, solle die Regierung das Chaos auf den Straßen und in der Stadt beenden. Und Wahlen für eine Bremische Volksvertretung ansetzen.
Nun hatte die Räterepublik ein Problem: Denn woher sollte das Geld für Gehälter kommen, wie der Haushalt geplant werden? Unter diesem Druck gaben die Volksvertreter nach und setzten Wahlen zu einer Bremer Nationalversammlung für den März fest. Dies kam im Prinzip einem Eingeständnis ihres Versagens nah.
Wahl zur Weimarer Nationalversammlung
Auch in der Wahl zur Weimarer Nationalversamlung am 19. Januar zeigte sich der fehlende Rückhalt in der Bevölkerung. Hier erhielten die Mehrheitssozialisten (MSPD) 42 %, die Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) hingegen nur 18 % der Stimmen. Die KPD stelle niemanden zur Wahl auf.
Gerade diese Wahl zeigte zudem die Uneinigkeit der tragenden Parteien in der Räterepublik. Denn zunächst hatte die Räteregierung auf Antrag der KPD gegen die Stimmen der USPD beschlossen, die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung in Bremen zu verbieten. Dass diese doch stattfand, lag daran, dass die USPD im Arbeiter- und Soldatenrat die Fraktionsmehrheit hatte und dieser gegen den Beschluss, also das Verbot, der Räteregierung stimmte. Dadurch erhielt die Autorität der Räteregierung einen Rückschlag. Im Anschluss boykottierte die KPD die Wahl.
Einen Tag nach der Wahl fuhren Bremer Bürgervertreter nach Weimar. Dort baten sie Reichspräsident Ebert und Gustav Noske, den Volksbeauftragten für Heer und Marine, die Räterepublik aufzulösen.
Vorbereitung auf den Angriff
Wenige Tage später traf ein Telegramm aus Berlin ein. „Tante Dora ist gestorben“, hieß es darin. Nachdem der Spartakusaufstand in Berlin niedergeschlagen war, konnte die Reichsregierung nun Truppen nach Bremen entsenden. Das Telegramm signalisierte den Bremer Reaktionären, dass die Niederschlagung der Räterepublik unmittelbar bevorstand.
Im nahe gelegenen Verden stellte Major Caspari, dessen Infanterieregiment im Januar nach Bremen zurückgekehrt war, ein Freikorps aus ca. 600 Mann auf. Im Auftrag Noskes schloss sich ihnen ein Regiment unter dem Befehl Oberst Wilhelm Gesternbergs aus 3.000 Mann und 24 Geschützen an. Gerstenbergs Regiment war bekannt für seine Gewaltbereitschaft.
Als ihnen klar wurde, dass sie gegen diese Truppen keine Chance auf Erfolg hatten, bot die Räteregierung ihren Rücktritt an. Als Bedingung forderte sie den Abzug der Soldaten. Doch Noske lehnte dies ab: Der Einmarsch solle so oder so erfolgen.
In den folgenden Tagen sammelten sich etwa 1.000 Verteidiger der Räterepublik, die meisten von ihren ohne Kampferfahrungen. Verstärkt wurden sie von 250 Matrosen aus Cuxhaven, die sich jedoch in Bremen kaum auskannten. Die Lage erschien hoffnungslos.
Die Niederschlagung beginnt
Ungefähr 12 Stunden dauerten die Gefechte um die Herrschaft in Bremen am 4. Februar an. Von zehn Uhr morgens bis zehn Uhr abends lieferten sich Verteidiger und Angreifer Gefechte. Dann erst ergeben sich die letzten Widerständigen. Einen detaillierteren Bericht des Ablaufes veröffentlichte der Weserkurier.
Am Ende des Tages sind 83 Menschen tot. Auf Seiten der Verteidiger fallen 28, auf Seiten des Freikorps und des Regiments 26 Soldaten. Auch 29 Zivilisten verlieren ihr Leben, darunter sechs Kinder. Über 150 Verwunderte werden in die örtlichen Krankenhäuser eingeliefert.
Am Abend schickt Gerstenberg seinerseits Nachrichten nach Berlin und Weimar, in denen er die erfolgreiche Einnahme der Stadt verkündet. Mit sofortiger Wirkung löst er zudem die Räteregierung und den Soldatenrat auf, nur der Arbeiterrat darf vorerst weiter tagen. Ab dem sechsten Februar regieren wieder Senat und Bürgerschaft in Bremen.
Damit ist das sozialistische Experiment einer Räteregierung in Bremen beendet. Uneinigkeit zwischen den Ratsmitgliedern, fehlender Rückhalt in der Bevölkerung und der Verwaltung, keine Kredite und dann noch der Angriff aus Berlin. Vielleicht hätte die Räteregierung eines der Probleme lösen können, doch zu viele auf einmal führten zu ihrem Scheitern.
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